Die Anordnung der identifizierten Stakeholder nach Wichtigkeit und Betroffenheit ist einer der ersten Schritte, welcher durchgeführt werden muss. Dies wird durch eine gegenseitige Bewertung und Gewichtung erreicht. In Abhängigkeit von der Projektgröße gibt es die Möglichkeit einer einfachen Projektumfeldanalyse bis hin zur Ermittlung komplexer Einflusspotentiale als Machtfaktoren.
Dort können Stakeholder gemäß ihrer Betroffenheit und Erwartungshaltung kategorisiert und beurteilt werden. Aus dieser Zuordnung können sich die wahrscheinlichen Einstellungen der einzelnen Stakeholder gegenüber dem Projekt ableiten lassen.
Folgende Liste soll Ihnen dabei helfen, die grundlegenden Informationskriterien zu erkennen und abzudecken:
• Macht und Einfluss (auf das Projekt, im Projekt)
• Organisatorischer Art (Über/Unterstellung, disziplinarisch, fachlich)
• Rechtlich (Prokura, Gegenzeichnungspflicht, staatlich)
• Personell (Abteilungsleiter, Human Resources)
• Lobbys und Gewerkschaftszugehörigkeit (wenn für das Projekt wichtig)
• Konfliktpotenzial (Zwischenziele, Projektziele, sozialer Art)
• Wo ergeben sich Konflikte?
• Worauf können sich die Konflikte negativ auswirken?
• Beschreibung des Konfliktherdes
• Einstellung gesamt positiv/negativ/neutral
• Wünsche und Hoffnungen (an das Projekt, vom Projekt, im Projekt)
• Allgemeines
• Rollen des Stakeholders
• Beschreibung der Funktion/Tätigkeit im Projekt
• Finanzielle Schlagkraft
• Stärken/Schwächen die ggf. ausgenutzt werden können
• Erwartungen (an andere, an die Projektleitung, an den Ablauf, etc.)
Nachdem Sie alle Punkte erarbeitet haben, gibt es eine Bewertungs- und Gewichtungsgrundlage zu erstellen. Entweder wird Ihnen diese bereits organisatorisch vorgegeben, oder Sie müssen selber entscheiden, welche Kriterien wie stark gewichtet werden.
Anhand der Gewichtung und Bewertung der einzelnen Faktoren ergibt das eine Summe, welche die Gewichtung eines jeden Stakeholders widerspiegelt. Je höher diese Zahl ist, desto größer die Rolle, die ein Stakeholder im Projekt spielt oder spielen kann. Diese Phase der Bewertung und Gewichtung wird sporadisch auch als „Betroffenheitsanalyse“ oder „Wirkungsanalyse“ bezeichnet.
Der nächste Schritt ist, den erfassten Stakeholder-Gruppen in theoretischen Modellen Eigenschaften zuzuweisen. Die Eigenschaft drückt in dem Modell ein Kriterium und die damit verbundene Zugehörigkeit aus. Die Modelle dienen einer Komplexitätsreduzierung der Stakeholder Beziehungen. Eine Reduzierung bestehender Verbindungen von Stakeholdern verringert allerdings auch die Aufmerksamkeit für neue Ansprüche von Stakeholdern und es muss ebenfalls davon ausgegangen werden, dass ein Stakeholder nicht immer nur jeweils ein Anliegen vertritt, sondern gleich mehrere Anliegen.
Das Modell Mitchell/Agle/Wood bietet einen anerkannten Ansatzpunkt. Dabei unterscheiden Mitchell drei Attribute, die aus ihrer Sicht ein Stakeholder annehmen kann.
• Power (Macht)
• Legitimacy (Rechtmäßigkeit / Legitimität)
• Urgency (Dringlichkeit)
Weiterhin schlagen sie vor, die einzelnen Bereiche in Klassen einzuteilen. Die Einteilung erfolgt auf Grundlage der nummerierten Flächen im Modell. Allgemein lässt sich sagen, je mehr Interaktionseigenschaften ein Stakeholder besitzt, desto höher ist seine Relevanz für das Unternehmen oder das Projekt:
• latent Stakeholders: Fläche 1, 2, 3 – besitzt 1 von 3 Eigenschaften (geringe Bedeutung)
• expectant Stakeholders: Fläche 4, 5, 6 besitzt 2 von 3 Eigenschaften (moderate Bedeutung)
• definitive Stakeholders: Fläche 7 – besitzt alle 3 Eigenschaften (hohe Bedeutung)
Danach folgen die Untergruppierungen – (1) Dormant Stakeholder, (2) Discretionary Stakeholder, (3) Demanding Stakeholder, (4) Dominant Stakeholder, (5) Dangerous Stakeholder, (6) Dependent Stakeholder, (7) Definitive Stakeholder, (8) Non-Stakeholder.
Power: Ein Beispiel für diese Klasse ist der CEO eines Unternehmens. Sein Einfluss als Leitung des Unternehmens ist seine Führungsposition als Macht / Power.
Legitimacy: Das sind Stakeholder die einen rechtmäßigen Anspruch erheben können. Beispielsweise Zulieferer des Unternehmens.
Urgency: Die Dringlichkeit drückt die Bereitschaft eines Stakeholders aus, seinen vorhandenen Anspruch geltend zu machen. Dieses Attribut ist meist nicht vorhersehbar und tritt kurzfristig auf und beinhaltet den Faktor Zeit. Je länger ein Unternehmen zur Reaktion auf den Anspruch benötigt, desto stärker wird daran der Grad der inakzeptanz des Stakeholders gemessen und dadurch können sie gefährlich werden.
An der Klasse von Urgency mit der Untergruppierung „dangerous stakeholder“ wird deutlich, dass es in diesem Modell einen unbekannten, scheinbar unbeherrschbaren Stakeholder gibt. Die Gruppe von Stakeholdern die nicht vorab identifiziert werden können, stellen ebenso auch ein Gefahrenpotenzial dar. Das Modell erkennt zwar das Gefahrenpotenzial von Stakeholdern, kann diese allerdings davor nicht identifizieren. Der Stakeholder erhält erst eine Priorisierung, wenn er bereits in Erscheinung getreten ist.