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Entscheiden mit Augenmaß

21. Juni 2019

Wer Strategien festlegt, muss eine Vorstellung von der Zukunft haben. Rein analytisch lässt sich das meist nicht lösen. Ein Dialog mit den Stakeholdern weist Managern den Weg in einer un­über­sicht­li­chen Welt.

Zu den Haupt­auf­ga­ben ei­nes je­den Ma­na­gers ge­hört das Ent­schei­den. Lei­der ist dies ge­ra­de bei stra­te­gi­schen The­men nicht leicht. Jeff Be­zos, Grün­der und CEO von Ama­zon, sag­te ein­mal tref­fend: „Man­che Ent­schei­dun­gen kann man auf Grund­la­ge ei­ner Ana­ly­se tref­fen. Das ist die bes­te Art von Ent­schei­dun­gen! Sie ba­siert auf Fak­ten. Un­glück­li­cher­wei­se gibt es auch die­se gan­zen an­de­ren Ent­schei­dun­gen, die sich letzt­lich nicht in eine Ma­the­auf­ga­be ver­wan­deln las­sen.“

Da­bei hilft nicht, dass die Welt un­über­sicht­li­cher wird. Ver­än­de­run­gen durch di­gi­ta­le Tech­no­lo­gi­en, Strei­tig­kei­ten im in­ter­na­tio­na­len Han­del, in­nen- und au­ßen­po­li­ti­sche Un­wäg­bar­kei­ten – Stra­te­gen müs­sen ler­nen, Ent­schei­dun­gen auch mit Blick auf die­se neue, kaum noch vor­her­sag­ba­re Welt zu fäl­len. Das ist meist äu­ßerst kom­plex. Selbst wenn es ei­nem Ma­na­ger ge­lingt, eine Ent­schei­dung in einen ana­ly­ti­schen Rah­men zu pa­cken, muss ihm klar sein: Er hat nur die ra­tio­na­len Aspek­te be­rück­sich­tigt. Die vie­len emo­tio­na­len, kaum pro­gno­s­ti­zier­ba­ren Ein­fluss­grö­ßen blei­ben au­ßen vor.

 

Ein wei­te­rer Grund für die zu­neh­men­de Kom­ple­xi­tät ist, dass Ma­na­ger sich ei­ner wach­sen­den Viel­falt von An­spruchs­grup­pen ge­gen­über­se­hen, de­ren In­ter­es­sen oft wi­der­sprüch­lich sind und sich oben­drein im­mer wie­der ver­än­dern. Da Res­sour­cen – wie In­ves­ti­ti­ons­mit­tel – be­grenzt sind, kommt es zu Ver­tei­lungs­kon­flik­ten. Nie­mand kann mehr als 100 Pro­zent ver­tei­len, da­her gilt die Re­gel: Ge­ben Sie dem einen mehr, er­hal­ten an­de­re we­ni­ger. Wie kön­nen Stra­te­gen mit die­ser zen­tra­len Ent­schei­dungs­pro­ble­ma­tik um­ge­hen und da­bei zu ei­ner fai­ren Ver­tei­lung ge­lan­gen?

 

Un­ver­meid­ba­re Kom­pro­mis­se

Die Ant­wort ist so ein­fach wie schwie­rig: Sie müs­sen Kom­pro­mis­se ein­ge­hen. Ge­hen Sie da­von aus, dass Ihr Un­ter­neh­men nicht alle Er­war­tun­gen er­fül­len kann. Egal wie Sie sich ent­schei­den, Sie wer­den man­che Sta­ke­hol­der ent­täu­schen müs­sen. Sie müs­sen ab­wä­gen, und das kann Ma­na­gern er­heb­li­che Kopf­schmer­zen be­rei­ten. Ein Bei­spiel: Im Ok­to­ber 2018 muss­te sich Joe Kae­ser, der Vor­stands­vor­sit­zen­de von Sie­mens, an­ge­sichts der Af­fä­re um den ge­walt­sa­men Tod des re­gi­me­kri­ti­schen Jour­na­lis­ten Ja­mal Khas­hog­gi ent­schei­den: Soll­te er zur Kon­fe­renz Fu­ture In­vest­ment In­itia­ti­ve (FII) nach Sau­di-Ara­bi­en rei­sen oder aus Pro­test fern­blei­ben?

 

Quelle: Harvard Business Manager - April 2019    https://www.harvardbusinessmanager.de/heft/d-162831762.html